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Die Tübinger Neckarhalde – zwischen Neckar und Schloss Hohentübingen.









Form, Funktion und Genese einer Wohnstraße am Beispiel der Häuser der
Neckarhalde, innerhalb der ursprünglichen Stadtmauer,
Hausnummern 2 - 30 und 1 - 19, 23 - 25/1


Gliederung:

I )    Einleitung
II )   Die Fachwerkbauweise (alamannisch/fränkisch)
III )  Brandschutzordnung
IV )   Neckarhalde als Verkehrsweg
V )    Stadterweiterungen
VI )   Beschreibung der einzelnen Häuser
VII )  Die Bewohner der Neckarhalde
VIII ) Überlegungen zum Literaturmaterial



I ) Einleitung

Naturräumliche Gliederung:
10      Schwäbisches Keuper-Lias-Land
104     Schönbuch und Glemswald
104.10 Tübinger Stufenrandbucht 10.) S. 5f

Geologische Lage der Neckarhalde - von oben (Schloss Hohentübingen) nach unten (Garten des Evangelischen Stift):

Löwenstein-Formation (Stubensandsteine)
Steigerwald- bis Mainhardt-Formation (ungegliedert)
Stuttgart-Formation (Schilfsandsteine, Dunkle Mergel)
Grabfeld-Formation (Gipskeuper)
Auenlehm 1.), 12.)
Ältere Bezeichnungen sind Stubensandstein, Bunte Mergel, Schilfsandstein und Talschotter, alle nach Südosten einfallend. 20.) S. 127

Nach Form, Funktion und Genese werden Häuser der Neckarhalde beschrieben: Bauliche Beschreibung, Nutzung, historische Entwicklung der Häuser, Einfluss der Gesellschaftsstrukturen (u.a. durch Lebensgewohnheiten) auf die Veränderung der baulichen Substanz. Über Veränderungen, die der geologische Untergrund, z.B. leicht ausräumbare Gesteine, starke Vertonung oder Gips im Keuper, erforderlich machte, können meist nur Vermutungen geäußert werden.
Es erfolgt im Großen und Ganzen die historische Entwicklung und die aktuelle bauliche Beschreibung der Häuser. Gesellschaftsstrukturen werden nicht abzuleiten sein. Diese können nur anhand von Befragungen quantitativ ermittelt werden, was nur für den aktuellen Stand, aber nicht für die Vergangenheit möglich ist.


II ) Die Fachwerkbauweise 

Von einer alamannischen Stilrichtung wird bei Fachwerkhäusern, die zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert entstanden sind, gesprochen. Dieser Baustil hat seine Hauptverbreitungsgebiete in der Schweiz, am Bodensee, im Schwarzwald, im Elsass bis Strassburg, in Oberschwaben, in Altwürttemberg, in Nördlingen und in Dinkelsbühl.
Er entwickelte sich aus dem Ständerbohlenbau, d.h. aus Bohlen und aufgesetzten Stützen; seine allgemeinen Kennzeichen sind:
- die verzahnte Überblattung: Als Verbindung zwischen einzelnen Balken, zusätzlich durch Holznägel gefestigt.
- die Schwerter: Verstrebungen aus Bohlen, die zwischen konstruktiven Hauptbalken als Verstrebung dienten. Diese heißen "Wilder Mann", "Andreaskreuz"  und "Schwäbisches Weible".
- Der Steinsockel : Etwa 50 cm hoch. Auf ihm ruht das Fachwerk.
- Die Vorkragung: Das Gebälk steht balkenstark über das vorherige Stockwerk über; die Eckpfeiler werden von Konsolen gestutzt.
Die Bauweise der Vorkragung entstand durch die Beengung innerhalb des Wehrrings der Stadt, die keine zu große Ausdehnung der Häuser in der Horizontalen erlaubte. Außerdem sprachen noch weitere Gründe für Vorkragung: Statische, weil die Lasten besser verteilt wurden (Wirkung des Hebelgesetzes) und wegen des Lichtraumprofils der Straßen. Letztendlich lässt sich aber keine genaue Theorie für die Vorkragung finden.
- Die Stockwerke sind einzeln gezimmert, das Gebälk des Fußbodens ist zur Straße sichtbar. Zwischen den weit auseinanderliegenden Ständern sind die Fächer meist mit einem Geflecht aus Zweigen und Lehm gefüllt. Die Fensterhöhe liegt bei ungefähr 80 cm.
Eichenholz wurde für die Balkenkonstruktion, Tannenholz fUr den Dachstuhl verwendet.

Durch eine neue Bauordnung (1568), die starkes Vorkragen verbot, entwickelte sich im 16. Jahrhundert das sogenannte "Fränkische Fachwerk". Die Hauptunterschiede zur alamannischen Bauweise sind die einfachere Bauart und ein anderes Grundverbindungselement: die Zapfung. Der Steinsockel umfasst das erste Geschoss.
Die Bezeichnung "alamannisch" und "fränkisch" sind in erster Linie zeitlich zu verstehen.


III ) Brandschutzordnung

Eine Brandschutzordnung des mittelalterlichen Tübingen kann zunächst sehr allgemein betrachtet werden. Die Bauweise der Häuser stellt eine erhöhte Feuergefahr dar: 
Die Holzbalkenkonstruktion, Decken und Wände aus Lehmstrohgeflecht, das Vorkragen der Geschosse - es bietet eine größere Angriffsfläche, besonders an Kanten -.
Bei Bränden griff das Feuer leicht auf weitere Häuser über, deshalb wurde nach und nach das Lehmstrohgeflecht durch Ausmauerung der Fächer abgelöst. Außenwände mussten verputzt werden. Die Vorkragung wurde im Laufe der Zeit verboten. Holzschindeln wurden durch Tonziegel ersetzt.
Nicht nur die Bauweise erhöhte die Feuergefahr, sondern auch die Tatsache, daß die Bevölkerung früher in weitgehender Selbstversorgung lebte. Es gibt dafür Hinweise in der Feuerlöschordnung von 1600 für die Stadt Tübingen über Lagerung von Getreide u.ä. oder über den Umgang mit offenem Feuer. Ganz explizit wird die Neckarhalde von der "Ersten Wacht", die erste von dreien, vor Feuer geschützt:

    "Die Erste Wacht:
    Von dem Neckartor heruff bis zu Endris Walkers des Kantengiessers 
    Haus (Neckargasse 1 1/2), von demselben hinter sich herab zu
    Hans Jakob Kürmanns Haus (Bursagasse 18), von dannen die undern
    Neckarhalden ferfür und unter der Burs bei dem Augustinerkloster
    hinauf zu D.Fabers Hause (1847 abgebrochen gegenüber dem Hospiz),
    von dannen die Münzgassen ab und abhin bis zu der Kürch und
    die Münz wiederumb bis zue Junker Hans Chrisoph Herters Hause
    (Neckarhalde 2), von dannen die Neckarhalden hin hinder zu dem
    Hirschnauer Tor und wieder herafür an die Burgsteig, dieselben
    hinuff und wieder herab zu Gregori Funckhen Hause 
    (Burgsteige 2), ..." 17.)

1280 wurde die Neckarhalde bei einem Stadtbrand völlig zerstört. 
1715 wurde eine allgemeine Charakterisierung der Häuser durchgeführt. 
1810-1819 wurde ein "Stadtuntergangsprotokoll" angefertigt; Genaues ist darüber aber nicht bekannt.
Am Rande kann noch erwähnt werden, dass  Tübingen sich bei der Brandschutzfrage
auch mit der Wasserversorgung für Löschzwecke besonders interessierte:

    "... Seit jener Zeit sind nun volle 18 Monate verflossen, zu
    wiederholten Malen sind wir nur durch das zusammentreffen von
    wunderbar glücklichen Zufällen vor großer und verheerender
    Feuersgefahr bewahrt worden, welche unter minder günstigen Umständen
    leicht in einer einzigen Nacht so viel Schaden und
    Unheil hätte anrichten können, daß die Kosten einer Wasserleitung
    damit mehr als gedeckt gewesen wären. Und doch ist trotz diesem
    deutlichen Fingerzeige, so viel bekannt, thatsächlich noch
    so gut wie Nichts geschehen, was auf eine ernstliche und 
    rasche Lösung der Aufgabe schließen ließe! ... " 3.)


IV ) Neckarhalde als Verkehrsweg

Tübingen, ausgehend vom alamanischen Ammerdorf, hatte im Mittelalter eine verkehrsgünstige Lage in der Nähe mehrerer Fernstraßen (die Rhein-Kniebis-Straße, die Ammertalstraße). Die Neckarhalde dagegen hatte, ins Neckartal führend, die Funktion eines Verbindungsweges zwischen Tübingen und seinem Umland. Hauptsächlich Bauern zogen durch das Hirschauer Tor ( im Bild: Reste des Diebsturm Neckarhalde 27/1 ), um auf dem Marktplatz ihre Waren anzubieten und zu verkaufen. Einen Hinweis dafUr geben zwei Brunnen unterhalb des Hauses Nr. 30 am Straßenrand, die wohl als Tränke dienten. Dank dieser relativ geringen Nutzung der Neckarhalde als Durchgangsstraße und der damit verbundenen Ruhe entwickelte sie sich zu einer Wohnstraße.







Der südöstliche Hang unterhalb des Schloss Hohentübingen, bestehend aus Bunten Mergeln und Schilfsantstein, wurde ursprünglich als Rebanlage genutzt. Diese Halde zusammenhängender Abrutschmassen wird im unteren Teil von Neckartalschottern gesäumt.
Am oberen Ende geht die Neckarhalde in einen sternförmigen Platz, das "Faule Eck", über. - Der Jörgensattel zwischen Schloßberg und Österberg. - Dieser stellt heute eine Verbindung zwischen Neckarhalde, Burgsteige, Wienergäßle, Kronenstraße, Münzgasse, Klosterberg und Bursagasse her. Auffallend ist gegenüber den Häuser Nr. 2 - 6 die durch eine Mauer nach Südosten abgestützte Straße, unterhalb der die Gebäude 1 und 1/1 stehen. Die Hausnummer 8/1 befindet auf der gleichen Straßenseite mit ungeraden Hausnummern.
Vermutungen zur Namensgebung "Faules Eck" reichen vom faulenden Holz der Neckarflösserei über herumstehende Studenten der a1ten Universität im Bereich der Münzgasse bis zu "Faulen Rädern", d.h. die Räder von Wagen und Karren wurden wegen der Steigung und der schlechten Wegstrecke vor dem Sattel sehr langsam wurden oder blieben stecken.




V ) Stadterweiterungen

Im Westen wurde die Tübinger Altstadt vom 12. Jahrhundert an vom Neckar hinauf zum Hirschauer Tor, von dort zum Schloss, dann hinunter in die Unterstadt zum Haagtor und Schmiedtor durch eine Stadtmauer geschützt. Ob im Süden, zum Neckar hin, eine Stadtmauer oder eine Stützmauer, auf die später die Häuser der rechten Straßenseite gebaut wurden, bestanden hat, lässt sich heute nicht mehr genau rekonstruieren.
Das Hirschauer Tor wurde 1832 abgebrochen, die Stadt sah das Tor einem zügigen Verkehrsablauf im Wege.

    "Das Hirschauer Tor wurde ..., etwa 1482 auf geführt, nach denselben
    Grundsätzen wie das Neckartor. Es zeigt den hochragenden, mit
    einem kleinen Dachtürmchen geschmückten Torturm. Davor den mit
    Zinnen versehenen Turmzwinger: Die Barbakane. Zur Verstärkung
    des Festungswerkes ist ebenfalls ein weiterer Rundturm errichtet,
    genannt der Diebsturm, der in seinen unteren Teilen noch erhalten
    ist, und im Dekanatsgarten steht. Von ihm führte über das äußere
    Zwingertor hinweg ein Zinnenwehrgang hinüber zu der zum Schloß
    ansteigenden Stadtmauer." 25.)

Innerhalb der beschriebenen Schutzgrenzen gab es neun bauliche Erweiterungen, vier davon, darunter ein Neuaufbau nach dem Stadtbrand von 1280, wirkten sich auf die Neckarhalde aus:
vor 1200     Bebauung bis Haus Nr. 6 (heutige Numerierung)
um 1200     Bebauung bis Haus Nr. 8 (heutige Numerierung)
im 13. Jh.   Bebauung bis Haus Nr. 16 (heutige Numerierung)
9.7.1280    Stadtbrand 
nach 1280   Wiederaufbau und Erweiterung bis Haus Nr. 28 (heutige Numerierung)
Aus der heutigen Bausubstanz kann wahrscheinlich wegen des Stadtbrandes von 1280 kaum mehr etwas von einer baulichen Erweiterung abgelesen werden.
(Die Stadtbrände am 15. Januar 1534, 21. September 1540, 24. Oktober 1742, 4. August 1771 und 9. auf den 10. September 1789 betrafen die Neckarhalde nicht.)

VI ) Beschreibung der einzelnen Häuser

Bei den Häusern in der Oberstadt handelt es sich um hohe, meist giebelständige Fachwerkbauten. Die Höhe der Häuser lässt auf die Bedeutung der Oberstadt zu späterer Zeit oder auch auf fortgeschrittene Bautechnik schließen. Viele Häuser der neckarseitigen Oberstadt habe mehrere Eingänge auf verschiedener Geschosshöhe und von verschiedenen Straßen, Stiegen oder Gassen. Die heutige Bausubstanz weist vier bis fünf Stockwerke und im Dachstock oft zusätzlich zwei Geschosse auf; möglicherweise hatten früher die Häuser weniger Stockwerke und die Dachform wurde geändert.
Im allgemeinen war das Erdgeschoss Nutzraum. Aus Abstellräumen und Stallungen entwickelte dieses sich zu Werkstätten; heute dient er Ladengeschäften. In der Neckarhalde gab es 1978 zwei ausländische Lebensmittelgeschäfte, einen Gesteinsladen und einen ausländischen Souvenirladen. Auffallend ist, dass die Neckarhalde trotz ihrer Zentralität ihren Charakter als Wohnstraße weitgehend erhalten hat.
Der schlichte Baustil der Häuser weist auf einen raschen Aufbau nach einem Stadtbrand, die Feuerschutzgänge zwischen den einzelnen Häusern unterstützen diese Auffassung. Oie Weite der Vorkragung ist recht unterschiedlich, ein Baugesetz von 1568 setzt als größte Weite 28 cm, was die Länge eines Werkschuhs war, fest. Die Entwicklung tendierte zu engeren Fächern wegen der schwereren Bauweise durch Ausmauerung dieser Fächer.

Bei der Einzelbetrachtung ist der Schwerpunkt das Haus Nr. 2 am Faulen Eck.

Haus Nr. 2:




Erdgeschoss mit Möglichkeit einer Gaststättennutzung
4 Obergeschosse leicht vorkragend
ausgebautes Traufgeschoss 
Bühne (Aufboden) mit Tor für Seilwindennutzung

Über die Geschichte des Hauses Nr. 2 gehen die Anschauungen auseinander. Sicher ist nur, dass es sich bei diesem Gebäude um die Zusammenlegung von mehreren, ehemals selbständigen Häusern handelt. Vor 1550 besaß ein Kaspar Forstmeister drei nebeneinander stehende Häuser in der Burgsteige: das Eckhaus zur Neckarhalde und zwei oberhalb anschließende Häuser. Die beiden unteren Häuser wurden in die Neckarhalde Nr. 2 vereinigt, das dritte Haus wurde zur Burgsteige Nr. 1.
Der an das Eckhaus anschließende Westflügel von Nr. 2 hat gemäß den Stadtplänen von 1868 als selbständiges Haus existiert (Flächenstück Nr. 127). Dieses Haus wurde 1410 erstmalig urkundlich erwähnt. 1808 wurde dieses Haus abgebrochen. Das neu errichtete Haus wurde mit dem Eckhaus zur Burgsteige hin in eine Straßenfront vereinigt. 1644 ging das Eckhaus in den Besitz des Ritterkantons Neckar-Schwarzwald über, der aber schon 1698 in ein Haus beim "Bebenhäuser Pfleghof" übersiedelte und das Eckhaus an die Stiftsverwaltung als Amtssitz des Magisterdomus verkaufte.
Auch an dieser Stelle widersprechen sich die Anisichten. Nach Nägele besaß der Ritterkanton das Haus bis zu seiner Aufhebung im Jahre 1808, a1s es in den Besitz des Staates Württemberg überging und der Wohnung von Professoren und Superattendenten diente. Das Haus wird deshalb auch als "Superattendentenhaus" bezeichnet. 1839 erwarb der Waldhornwirt das Haus, der sein Gasthaus von der gegenüberliegenden Straßenseite hierher verlegte, es wurde zu einem beliebten Studentenlokal. Unter diesem Besitzer bekam das Eckhaus einen eue Frontseite.
Seit 1906 dient es als Vereinshaus.
2017 schloss es als "Hotel Hospiz".


Haus Nr. 4:



Erdgeschoss mit Geschäftsraumnutzung
4 Obergeschosse, davon 3 nicht vorkragend, 4. Oberschoss vorkragend
ausgebautes Giebelgeschoss zur Straße leicht vorkragend
Fassade nicht völlig plan
Aufboden mit Tor für Seilwindennutzung

über das Alter des im alamannischen Fachwerkstil erbaute Haus Nr. 4 ist nichts bekannt. Hinweise geben die Vorkragung zum fünften Stock und der Steinsockel. Die Straßenfront hat eine starke Rückwärtsneigung. Im Giebel ist noch eine Öffnung für einen Dachaufzug zu sehen.


Haus Nr. 6:



steinernes Erdgeschoss mit Geschäftsraumnutzung
3 Obergeschosse leicht vorkragend
ausgebautes Giebelgeschoss zur Straße leicht vorkragend
Aufboden mit Tor für Seilwindennutzung



zweigeschossiger Anbau am Treppenweg zur Burghalde 

Neben der ersten urkundlichen Erwähnung von 1562 weisen starke Vorkragungen zum dritten und vierten Stock, das Zutagetreten von je drei Längsbalken und Stutzen des darüber liegenden Fußbodens auf das Alter hin; demnach ist es dem alamannischen Baustil zuzurechnen. Das Haus geht aus einem gestelzten Einhaus hervor, das erste Geschoss ist also Nutzraum, heute ein Ladengeschäft. Das giebelständige Dach weist eine gebräuchliche Neigung von 60° auf. An das Haus schließt sich eine Steige zum Schloß an, deshalb hat es auf der Westseite eine sichtbare Fensterfront. An dieser Seite ist auch ein Erker angebaut. 1850 wurde das Haus als Wirtschaft Seif bezeichnet, wozu auch die Burgsteige Nr. 1 gehörte.
Die Häuser Burgsteige Nr. 1 und Neckarhalde Nr. 2 - 6 hatten einen gemeinsamen Hof, der häufig neu aufgeteilt wurde.


Haus Nr. 6/1:



hinter Haus 6, an der Treppengasse von der Burgsteige zur Neckarhalde
gemeinsamer Hof mit den Häuser Nr. 2 und Nr. 4
keine Obergeschosse

Haus Nr. 8:





Erdgeschoss rechte zu 4/7 und linke Forntseite zu 2/7 mit Geschäftsraumnutzung
Obergeschosse, 3. und 4. Obergeschoss leicht vorkragend
ausgebautes Traufgeschoss zur Straße

Bei dem Haus Nr. 8 handelt es sich um eines der wenigen traufständigen Häuser der Neckarhalde. Sowohl Grund- und Aufrisse sind ungewöhnlich, es ist daher zu überlegen, ob das Haus wie die Nr. 2 aus mehreren Häusern entstanden ist. Historische Unterlagen können dies nicht belegen. 1522 ist das Datum der ersten urkundlichen Erwähnung. Das Haus verfUgt über einen Keller. 1720 wird ein heute nicht mehr sichtbarer Altan mit einem Dach versehen. 1715 zählt das Haus sieben Stuben, neun Kammern und zwei Ställe; für die damilge Zeit war es wohl schon ein sehr geräumiges Haus. Ende des 18. Jahrhunderts wurden weitere bauliche Veränderungen durchgeführt: Der untere Stock des Hauses war abgesunken, der zweite Stock kippte nach außen. Daraufhin wurde eine neue Außenmauer errichtet.


Haus Nr. 8/1:



Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die sonst nur ungerade Hausnummern hat. Heute nur Fahrradabstellplatz.


Haus Nr. 10:



Erste Unterlagen des vierstöckigen Hauses Nr. 10 stammen von 1522, es kragt zum dritten und vierten Stock vor, Fußbodenbalken sind vereinzelt sichtbar. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die schadhafte Frontmauer durch eine neue ersetzt. 1715 verfügte das Haus über drei Stuben, acht Kammern, einen Stall und einen schlechten Keller. Der Stall ist heute zu einem Ladengeschäft umfunktioniert.


Haus Nr. 12:





steinernes Erdgeschoss 
3 Obergeschosse leicht vorkragend
ausgebautes zweigeschossiger Giebel zur Straße leicht vorkragend
Aufboden mit Tor für Seilwindennutzung
weitere Hauseingang Treppengasse von der Burgsteige zur Neckarhalde ins 3. Obergeschoss

Die erste Eintragung im Häuserbuch von Rau ist mit 1435 datiert. Vier Stockwerke, alle vorkragend, und zwei Dachstockwerke bilden den Aufriss des Hauses 1701 erfolgte eine Aufstockung um ein Geschoss; die Auflistungen der Räumlichkeiten aus den Jahren 1572 und 1715 lassen den Schluß zu, dass das Haus nicht nur einmal aufgestockt oder umgebaut wurde.
Erwähnt werden kann außerdem ein "alt umgebaut Häuslein" (1575) und ein "Gärtlein, zwölf Schuh lang". Heute steht im Hof des Hauses ein Schuppen, von dem "Gärtlein" ist nichts mehr zu sehen.


Haus Nr. 14:



steinernes Erdgeschoss mit Gaststätte und Zugang zu einem Gewölbekeller
2 Obergeschosse vorkragend
ausgebautes Giebelgeschoss zur Straße leicht vorkragend
Aufboden mit Tor für Seilwindennutzung

Das giebelständige Haus Nr.14 dient heute der Gastwirtschaft "Traube". Erwähnt wird es erstmals 1525 und dann 1695, als eine Backstube eingebaut wurde.
Auf den Gewölbekeller schließt ein niedriger Steinsockel auf; eine große Eingangstür mit Rundbogen im Erdgeschoß ist besonders auffallend. Vorkragungen stehen zum ersten Obergeschoß, mit Eckkonsolen, und zum zweiten Obergeschoss mit sichtbarem Deckengebälk an. Das in üblicher Weise geneigte Dach sitzt auf den drei Stockwerken und einem Dachgeschoss. Eventuell gab es früher einen Giebelaufzug.


Haus Nr. 16:







Erdgeschoss 
3 Obergeschosse vorkragend
ausgebautes Traufgeschoss

1813 bekamen die ursprünglich giebelständigen Häuser  Nr. 16 und Nr. 18 beide ein traufständiges Dach.
1469 werden beide Häuser zum erstenmal urkundlich erwähnt.
Die Böden gleicher Stockwerke beider Häuser sind nicht bündig. Das Haus Nr.16 hat zum zweiten Obergeschoss eine sehr starke und zum dritten eine eher übliche Vorkragung.
giebelständiges Hinterhaus, größer als bei Nr. 18, ohne Hauseingang von der Burgsteige


Haus Nr. 18:





Erdgeschoss 
3 Obergeschosse vorkragend
ausgebautes Traufgeschoss
giebelständiges Hinterhaus, kleiner als bei Nr. 16, ohne Hauseingang von der Burgsteige

1813 bekamen die ursprünglich giebelständigen Häuser  Nr. 16 und Nr. 18 beide ein traufständiges Dach.
1469 werden beide Häuser zum erstenmal urkundlich erwähnt.
Die Böden gleicher Stockwerke beider Häuser sind nicht bündig. Auf dem Steinsockel des Hauses Nr. 18 ruhen auch drei Obergeschosse, das zweite Obergeschoss kragt ungewöhlich stark, nach rechts geneigt, mit Konsolen zum zweiten Stock vor.


Haus Nr. 20:



steinernes Erdgeschoss mit Geschäftsmöglichkeit 
3 Obergeschosse vorkragend
ausgebautes Giebelgeschoss mit Krüppelwalmdach

Das heutige Haus Nr. 20 wurde erst 1570 gebaut. Das vorher an seiner Stelle stehende wurde abgetragen. Unter dem giebelständigen Dach sind ein relativ hoher Steinsockel, vier Stockwerke mit gleichmäßiger Vorkragung und ein Dachgeschoss. Neben dem Haus befindet sich ein kleiner freistehender Anbau.
1696 ist erwähnt, daß im Haus ein Spital untergebracht ist, in dem auch der Klosterchirurgus wohnt. Ein Zusammenhang mit dem Spital in der Selhausgasse, Unterstadt, bestehe nicht.


Haus Nr. 22:



Auffällig ist bei diesem Haus, die nach hinten gerückte Vorderfront. Vielleicht ist dies ein Hinweis auf ein frühes Baudatum, bei dem noch nicht die ganze Parzelle überbaut wurde. Das Haus ist giebelständig, auf einem Steinsockel ruhen drei Stockwerke. Urkundliche Erwähnungen kommen aus den Jahren 1522 und 1806.


Haus Nr. 24:



Eine deutliche Zäsur im Baustil liegt zwischen den Häusern Nr. 22 und Nr. 24. Das jetzige Haus Nr. 24 wurde erst 1772 auf bereits früher schon bebautem Terrain errichtet. Der Steinsockel umfasst das gesamte erste Stockwerk, das durch zwei Portale auffällt. Vorkragungen bestehen zu jedem der drei Obergeschosse, im Giebel sind zwei Stockwerke.
Ludwig Uhland wurde in diesem Haus geboren, eine Tafel weist darauf hin.
Wohnung im 2 Obergeschoss mit Wohnfläche von 113 qm. 15.)


Haus Nr. 24/1:


Haus Nr. 26:



Das ursprüngliche Haus Nr. 26 wurde am 17.2.1647 vom Schloss Hohentübingen aus zerschossen; der Neubau wurde am 3. 3. 1655 von einem "Maler" und einem "geistlichen Verwalter" begonnen. Erweiterungen in den Jahren 1834 und 1836 sind in den Urkunden festgehalten. Besonderheiten sind zu den vier Stockwerken ein Giebelboden, sichtbare Konsolen, ein Hinterhaus und zwei sichtbare Fensterfronten.


Haus Nr. 26a 



steinernes Erdgeschoss, keine weiteren Obergeschosse
ausgebauetes Traufgeschoss
1979 war das Gebäude noch ein traufständiger Schuppen.8.)



Haus Nr. 28:



Das Haus fällt wegen seines neoklassizistischen Stils, deutliche Symmetrien belegen dies, aus dem Rahmen der bisherigen Betrachtungen.


Haus Nr. 28/1:


Haus Nr. 28/2:


Haus Nr. 30:




Haus Nr. 1:




Ein Gebäude des heutigen Evangelischen Stiftes (ab 1534) vormals Augustiner-Eremitenkloster (seit 1262, Neubau ab 1464)


Haus Nr. 1/1:



Ein Gebäude des heutigen Evangelischen Stiftes (ab 1534) vormals Augustiner-Eremitenkloster (seit 1262, Neubau ab 1464)


Haus Nr. 3:




Erdgeschoss mit Geschäftsmöglichkeit in der linken Hälfte, großes Tor
2 Obergeschosse vorkragend, Fassade nicht plan
ausgebauter zweigeschossiger Giebel
neckarseitig Tiefparterre und Keller


Haus Nr. 5:




Erdgeschoss mit großem Tor
2 Obergeschosse kaum vorkragend
ausgebautes Giebelgeschoss 


Haus Nr. 7:



4-geschossig, ausgebautes Daschgeschoss und Aufboden


Haus Nr. 9:




steinernes Erdgeschoss mit Zugang zu einem Gewölbekeller
2 Obergeschosse vorkragend
ausgebautes Giebelgeschoss zur Straße leicht vorkragend


Haus Nr. 11:



steinernes Erdgeschoss mit Zugang zu einem Gewölbekeller
2 Obergeschosse vorkragend
ausgebautes zweigeschossiger Giebel zur Straße leicht vorkragend
Fachwerk nicht unter Putz


Haus Nr. 13:





Haus Nr. 15:




Haus Nr. 17:




Haus Nr. 19:




Haus Nr. 23:





Haus Nr. 25:





Karl Moritz Rapp (1803-1883) und sein studentisches Theater in der Neckarhalde (1832-1835)


Haus Nr. 25/1:



VII ) Die Bewohner der Neckarhalde

Die Neckarhalde ist typisch für die wohlhabende Tübinger Oberstadt. Bewohnt wurde sie von Handwerkern (Goldschmiede, Metzger, Zeugmacher, Rotgerber, Schuhmacher, Tuchmach~r, Strumpfstricker, Perruquier, Kürschner, Bäcker, Messerschmied, Uhrmacher, Münzmeister, Sattler, Schreiner, Maler) Kauf- und Kirchenleuten und Professoren (ab 16. Jh.); ursprünglich wohnten die Professoren in der Münzgasse, zogen aber durch die Erweiterung des Universitätsbetriebs nach und nach in die Neckarhalde.
In den relativ komfortablen Häusern mit Backofen und Waschhaus (ab 17. Jh.) wohnte man zur Miete, hatte Zimmer-, Stockwerks- oder Hauseigentum.
Wichtig ist zu vermerken, daß die Bevölkerung weitgehend in Selbstversorgung lebte; hierauf weisen die in den Erdgeschossen befindlichen Stallungen und die Dachaufzüge. Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre wohnte eher wenige Studierende in der Neckarhalde.
Erste Büros wurden an Lobbyisten vermietet. 


VIII ) Überlegungen zum Literaturmaterial

Eine Hauptschwierigkeit bei der Anfertigung des Referats war, dass die Quellen und Aufsätze sich in vertikalen Gesellschaftsstrukturen bewegen, und horizontale Strukturen außer Acht gelassen werden. Eine bauliche Veränderung zum Beispiel wird nicht nur durch baupolizeiliche Bestimmungen, sondern auch durch die Lebensgewohnheiten der Bewohner verändert. Für die Beschreibung der Genese einer Wohnstraße ist es wohl unerlässlich , auch auf die Beziehungen der Individuen untereinander und mit der Gesellschaft einzugehen. Zu diesem Punkt gab es kein entsprechendes Material.
Ein weiterer Kritikpunkt am Literaturmaterial sind die Widersprüche unter den Autoren selbst (Rau - Nägele) und mit der realen Substanz.
Gravierende Unterschiede bestehen zwischen dem schriftlichen Material und den Aussagen der Bewohner der Neckarhalde.


1.) ALBERT, Rainer: Die Trias in Südwestdeutschland.
Stuttgart 2018
https://www.palaeo-online.de/
(aufgerufen am 16.5.2019, 7 Uhr)
2.) BINDING, Günther, Udo Mainzer und Anita Wiederau: Kleine Kunstgeschichte des deutschen Fachwerkbaus
Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1975
3.) BRAUN, Karl, Jutta Dornheim, Gottfried Hauff et. al. : Das andere Tübingen, Kultur und Lebensweise der Unteren Stadt im 19. Jahrhundert.
Tübingen 1978, S. 249
4.) ECK, Helmut: Die Tübinger Straßennamen - Vielfach umbenannt. 
Ein stadtgeographischer Beitrag zur Geschichte und Bedeutung der Tübinger Straßennamen
Tübingen 2017 
5.) ECK, Helmut: Stadtgeographische Exkursion Tübingen.
Von der Altstadt in die Südstadt.
Geographische Rundschau H. 10/2017, Braunschweig 2017
6.) GEYER, Otto F. und Manfred P. Gwinner: Geologie von Baden-Württemberg. - 
5. Aufl., Stuttgart (E. Schweizerbart Verlagsbuchhandlung, Nägele u. Obermiller) 2011.
7.) HEPPER, Hermann: Zwei alte Tübinger Fachwerkhäuser.
Tübinger Blätter Nr. 36 (1948/49), S. 26 - 33
8.) HESTERMANN, Eva und Matthias SCHENKEL: Genese einer Wohnstraße am Beispiel der Häuser Neckarhalde 2 - 28.
Unterseminararbeit Siedlungsgeogeographie
Tübingen 1978
9.) HUTTENLOCHER, Friedrich: Geografischer Führer für Tübingen und Umgebung.
Tübingen (Katzmann-Verlag) 1966
10.) HUTTENLOCHER, Friedrich: Naturräumliche Gliederung von Baden-Württemberg.
Beiwort zur Karte 2,4
in: Historischer Atlas von Baden-Württemberg, Band 30
Stuttgart 1972
11.) KARGER, Adolf: Einführung in die Geographie.
Tübingen 1978 (Vorlesungsskript)
12.) KNÖDLER, Stepan: Moritz Rapp und sein studentisches Theater in der Neckarhalde (1832-1835)
In: HIRBODIAN, Sigrid et. al., Tübingen. Aus der Geschichte von Stadt und Universität, Ostfildern 2018
13.)LANDESAMT FÜR GEOLOGIE, ROHSTOFFE UND BERGBAU:
Kartenviewer
http://maps.lgrb-bw.de/?app=lgrb&lang=de
(aufgerufen am 15.5.2019, 22 Uhr)
14.) NÄGELE, Eugen: Vom faulen Eck.
Tübinger Blätter, Nr. 10 (1907), S. 33
15.) RAU, Reinhold: Tübinger Häuserbuch und Tübinger Familienbuch
Manuskript im Nachlass (Stadtarchiv Tübingen)
16.) PETZOLD, Matthias: Neckarhalde 24, 72070 Tübingen
Sanierungsbedürftige 5-Zimmer-Wohnung
https://www.gwg-tuebingen.de/media/0000000405.pdf 
(aufgerufen am 13.5.2019, 22 Uhr)
Tübingen (2013)
17.) RAU, Reinhold: Am faulen Eck.
Tübinger Blätter Nr. 2/3 (1900), S. 26 - 27
18.) RAU, Reinhold: Das Feuerlöschwesen in Tübingen um 1600. 
Tübinger Blätter Nr. 37 (1950), S. 28 - 30
20.) RAU, Reinhold: Das mächtige' Gebäude am faulen Eck.
Tübinger Blätter Nr. 37 (1950)
21.) PHLEPS, Hermann: Deutsche Fachwerkbauten.
Königsstein im Taunus (Langewiesche) 1951
22.) SCHMIDT, Martin: Erläuterungen zu Blatt 7420 Tübingen.
- Geologische Karte 1:25 000 von Baden-Württemberg -
Stuttgart 1992
23.) SCHNEIDER, Alois, Sören Frommer und Birgit Kulessa:
Tübingen - Archäologischer Stadtkataster Baden-Württemberg Band 41 (2 Bände)
Stuttgart 2018 
24.) SETZLER, Wilfried: Augustinerkloster Tübingen - Geschichte.
https://www.kloester-bw.de/klostertexte.php?kreis=Lkr.%20T%C3%BCbingen&bistum=&alle=1&ungeteilt=&art=&orden=&orte=&buchstabe=&nr=553&thema=Geschichte (Aufruf: 28.4.2019, 11 Uhr)
25.) SYDOW, Jürgen: Geschichte der Stadt Tübingen.
Tübingen (Laupp´sche Verlagsbuchhandlung) 1974
26.) WEIDLE, Karl: Die Entstehung von Alt-Tübingen.
Tübingen 1955
27.) ZIPPERLEIN, Viktor: Das Tübinger Neckartor und Hirschauertor. 
Tübinger Blätter Nr.28  (1937), S. 20 - 22




(Stand: ab November 1978, zuletzt: 18. Dezember 2023)

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